RA Melanie Gassler-Tischlinger und RAA Johannes Neulinger behandeln in ihrer aktuellen Kolumne in der Rubrik „Ratgeber Recht” im Medienmagazin des Österreichischen Journalisten Clubs „Statement” (Ausgabe Nr. 6 November/Dezember 2021) das Thema der Haftung für falsche Informationen:
Kommt falscher Rat teuer zu stehen?
Vor Kurzem beschäftigte sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Frage, ob man für fehlerhafte Angaben in einer Kolumne Schadenersatz auf Grundlage der (verschuldensunabhängigen) Produkthaftung geltend machen kann.
Ausgangspunkt für diese Entscheidung war der Beitrag einer österreichischen Tageszeitung, in welchem zum Thema „Medizin“ ein unrichtiger Gesundheitstipp erteilt wurde. In der Kolumne wurde empfohlen, Kren zur Linderung von Rheumaschmerzen an den betroffenen Stellen aufzulegen. Dabei wurde aber die Behandlungszeit falsch angegeben und an Stelle von 2 bis 5 Minuten, 2 bis 5 Stunden empfohlen. Aufgrund des zu langen Hautkontaktes mit dem Kren, erlitt eine Abonnentin eine toxische Hautreaktion, die mit starken Schmerzen einherging. Sie begehrte daraufhin Schadenersatz vom Herausgeber der Tageszeitung.
Nachdem aber auch der Oberste Gerichtshof (OGH) nicht eindeutig sagen konnte, ob der Inhalt einer Tageszeitung als „Produkt“ zu werten ist und deshalb unter die Produkthaftung fällt, legte dieser die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Der EuGH führte aus, dass die Informationserteilung in einer Zeitung eine Dienstleistung und kein Produkt darstelle. Für eine Dienstleistung werde nach dem Produkthaftungsgesetz (PHG) nur gehaftet, wenn die erteilte Information dazu führt, dass das Produkt selbst fehlerhaft wird. Da das erworbene Produkt aber die Zeitung und nicht der Kren war, komme eine Haftung nach dem PHG nicht in Frage. Eine solche könne nur dann angenommen werden, wenn der medizinische Ratschlag gemeinsam mit dem Kren verkauft worden wäre, da sich die Information in diesem Fall auf den Gebrauch jenes Produktes bezieht, das auch den Schaden verursacht hat.
Relevant ist die Entscheidung des EuGH deshalb, da sie Produkte von geistigen Leistungen abgrenzt und somit Klarheit über die Anwendung des PHG verschafft. Unklarheit herrscht aber weiterhin über die Haftung für falsche Informationen aus einer Dienstleistung. Derzeit kommt nur eine verschuldensabhängige vertragliche oder außervertragliche Haftung in Betracht.
Zur „Statement“-Kolumne – Ratgeber Recht:
Kommt falscher Rat teuer zu stehen?