RA Mag. Melanie Gassler-Tischlinger, LL.M. befasst sich in ihrer aktuellen Kolumne für das Medienmagazin des Österreichischen Journalisten Clubs, “Statement” (Ausgabe Nr. 4 vom Juli / August 2019 ) mit der Frage, ob heimlich erstellte Videoaufnahmen (Stichwort: Ibizagate) von Medien veröffentlicht werden dürfen.
Achtung Kamera!
Heimlich erstellte Bildaufnahmen
Der Bundesparteiobmann der damals größten Oppositionspartei und spätere Vizekanzler Österreichs wurde im Juli 2017 dabei gefilmt, wie er gegenüber einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte rechtswidrige Methoden zur Parteienfinanzierung beschrieb, davon schwärmte, die Kontrolle über ein Medium zu gewinnen und darlegte, wie man ihr für ihre Unterstützung staatliche Aufträge zuschanzen könnte.
Die rund siebenstündigen Aufnahmen wurden mit versteckten Kameras aufgenommen. Das Filmmaterial wurde später der „Süddeutschen Zeitung“ und dem „Spiegel“ zugespielt, die es auf Echtheit prüften und (nur) Auszüge mit politischem Inhalt veröffentlichten. Privates bzw. Kompromittierendes über andere wurde ausgespart.
Der ehemalige Spitzenpolitiker hat Anzeigen eingebracht. Die Aufnahmen seien im privaten Rahmen und ohne seine Einwilligung erstellt und veröffentlicht worden.
War die Veröffentlichung zulässig? Vorab: Journalisten haben über Fakten zu berichten, die von öffentlichem Interesse sind. Zur Beurteilung der Frage, ob Informationen veröffentlicht werden dürfen, ist grundsätzlich sowohl aus zivilrechtlicher als auch aus strafrechtlicher Sicht eine Abwägung zwischen dem Recht auf Achtung des Privatlebens der gefilmten Person sowie dem Recht auf freie Meinungsäußerung (Veröffentlichung) des Mediums andererseits vorzunehmen. Sind die Informationen richtig? Wie wurden sie erlangt? Leistet die Veröffentlichung einen Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse? Wie bekannt ist die Person? Was ist der Gegenstand der Berichterstattung? Welche Auswirkungen hat die Veröffentlichung?
Die journalistische Tätigkeit ist besonders geschützt (Medienprivileg, Redaktionsgeheimnis usw.). Eine Interessenabwägung zwischen den Rechten eines Spitzenpolitikers und jenen von Medien bzw. Journalisten kann ergeben, dass im Einzelfall auch heimlich aufgenommene Aussagen veröffentlicht werden dürfen.
Ein überragendes Interesse der Allgemeinheit an der Veröffentlichung der brisanten, verstörenden Aussagen des betroffenen Spitzenpolitikers lässt sich hier wohl argumentieren. Die Veröffentlichung derjenigen Auszüge mit politischem Inhalt dürfte aus Sicht des österreichischen Rechts zulässig gewesen sein.